Mathematisch-mechanisches Institut G. Coradi Zürich
Gottlieb Coradi
Gottlieb Coradi wurde am 13. April 1847 in Zürich geboren. Von 1862 bis 1867 absolvierte er eine Lehre beim Zürcher Mechaniker Jakob Goldschmid (1815 - 1876), wo er sich unter anderem mit der Herstellung und Justierung von freischebenden Zeichenpantographen befasste.
Nach dem Austritt aus dem Geschäft von Jakob Goldschmid begab sich Gottlieb Coradi auf die Wanderschaft, welche ihn 1870 zur Firma Starke & Kammerer nach Wien führte. Dort lernte er seinen späteren Geschäftspartner Albert Ott kennen. Dieser gründete 1873 in Kempten im Allgäu seine eigene Werkstatt. Ein Jahr später wurde Coradi dessen Partner. Unter dem Namen Mathematisch-mechanisches Institut Ott & Coradi produzierten sie alle Arten von Vermessungs- und Zeicheninstrumenten, zur Hauptsache jedoch Präzisionspantographen und Planimeter. Zu dieser Zeit sorgte Coradi mit zahlreichen Publikationen in Fachzeitschriften dafür, dass die Produkte der Firma Ott & Coradi einem breiten Fachpublikum bekannt wurden.
1880 zog Gottlieb Coradi nach Zürich, wo er an der Schipfe 53 eine feinmechanische Werkstätte zur Herstellung von Mess- und Zeichengeräten eröffnete. Von Beginn weg befasste er sich mit der Verbesserung des Planimeters. Das Scheibenpolarplanimeter, das er ab 1881 konstruierte, entstand aus einer intensiven Zusammenarbeit mit Friedrich Hohmann. Es folgten das Scheibenrollplanimeter (1884) und das Kugelrollplanimeter (1888), dessen theoretische Grundlagen schon von Jakob Amsler-Laffon beschrieben wurden. Ab 1887 baute er grosse Koordinatographen nach einer Idee des Landvermessers J. Boer aus Utrecht. Bis 1897 konstruierte das Mathematisch-Mechanische Institut G. Coradi über 3000 Kompensations-Polarplanimeter. Sein Ruf als genialer Instrumentenbauer führte dazu, dass Coradi immer wieder von Gelehrten angegangen wurde, ein Gerät nach ihren Vorstellungen zu konstruieren. So entstanden neben dem Koordinatographen (vgl. oben) auch der Integraph nach B. Abdank-Abakanowicz oder der harmonische Analysator nach Prof. O. Henrici aus London.
Ungefähr im Jahre 1908 wurde der Firmensitz an die Weinbergstrasse 49 in Zürich verlegt, wo das Unternehmen etwa 50 Jahre blieb.
Coradi AG
Gottlieb Coradi starb am 2. März 1929. Der Familienbetrieb wurde durch seinen Sohn Oswald Gottlieb Coradi (1883-1950) sowie seine beiden Töchter weitergeführt. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brach der Umsatz, welcher zum grössten Teil im Ausland erzielt wurde, ein. Und als nach Kriegsende schon bald die ersten digitalen Rechner aufkamen, welche viele mechanische Rechengeräte überflüssig machten, konnte der Betrieb nicht mehr wie bis anhin weitergeführt werden. 1958 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und von der Firma Amsler in Schaffhausen übernommen. Neuer Standort der Coradi AG war die Seebacherstrasse 53-55 in Zürich. Zehn Jahre später verkaufte Amsler die Coradi AG an eine amerikanische Industriegruppe. Das Unternehmen bezog wiederum neue Räumlichkeiten, diesmal an der Rümlangstrasse 91a in Zürich.
Otto Elsinger
Otto Elsinger (1925-1983) hatte schon die Lehre bei der G. Coradi AG an der Weinbergstrasse gemacht, bevor er Maschinenbau am Abendtechnikum studierte. Gleichzeitig arbeitete er beim Rechenmaschinenherstellern Madas H.W. Egli. Nach Abschluss des Studiums war er als Konstrukteur für die Firma Paillard in Yverdon sowie als Verkaufsingenieur bei Amsler in Schaffhausen tätig.
1962 wurde Otto Elsinger mit der Leitung der Coradi AG beauftragt, welche Amsler vier Jahre zuvor übernommen hatte. Elsinger gelang es trotz der technischen Schwierigkeiten dieser Zeit (Einführung der Digitalisierung), das Unternehmen wieder auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Die Coradi AG hatte damals einen Personalbestand von bis zu 40 Personen. Die Stelle des Direktors behielt er auch, als die Coradi AG 1968 an einen amerikanischen Konzern verkauft wurde. 1978 konnte Otto Elsinger die Coradi AG übernhemen. Er führte sie unter dem eigenen Namen Elsinger-Feinmechanik weiter. Neuer Firmenstandort war wiederum die Seebacherstrasse 53, wo die Coradi AG bereits 1958-1968 ansässig war. Die Produktpalette wurde ebenso beibehalten wie der Produktname Coradi. 1983 verstarb Otto Elsinger unerwartet.
Digiplan AG
Nach dem Tod von Otto Elsinger 1984 wurden die Produktionseinrichtungen sowie ein Teil der Belegschaft der Elsinger-Feinmechanik von der Firma Digiplan AG unter Philipp Zürcher übernommen. Diese bezog dazu das Gebäude an der Seebacherstrasse 53. Die Digiplan AG, welche bis anhin vor allem Software für Vermessung und Photogrammetrie erstellt und Coradi-Systeme mit Software ausgerüstet hatte, produzierte und vertrieb nun auch Coradi-Produkte. Dazu gehörten weiterhin elektronische Präzisionsplanimeter und digitale Koordinatenmessgeräte. 1993 wurde die Digiplan AG durch Konkurs aufgelöst.
Jahrestafel
1847 |
Gottlieb Coradi wird am 13. April geboren. |
1862 |
Beginn einer Mechanikerlehre bei Jakob Goldschmid in Zürich. |
1870 |
Auf seiner Wanderschaft kommt Gottlieb Coradi zu Starke & Kammerer nach Wien, wo er seinen späteren Geschäftspartner Albert Ott kennen lernt. |
1873 |
Albert Ott eröffnet in Kempten im Allgäu eine mechanische Werkstatt. |
1874 | Gottlieb Coradi wird Partner von Albert Ott. Unter dem Namen Ott & Coradi stellen sie vor allem Pantographen und Planimeter her. |
1880 |
Gottlieb Coradi zieht nach Zürich, wo er eine eigene feinmechanische Werkstätte zur Herstellung von Mess- und Zeichengeräten eröffnet. |
1881 |
Zusammen mit Friedrich Hohmann entwirft Coradi das Scheibenpolarplanimeter. |
1884 |
Entwicklung des Scheibenrollplanimeters. |
1887 |
Coradi beginnt mit dem Bau grosser Koordinatographen. |
1908 |
Ungefähr in dem Jahr Umzug an die Weinbergstrasse 49 in Zürich. |
1929 |
Am 2. März stirbt Gottlieb Coradi. Sein Sohn Oswald Gottlieb Coradi sowie seine beiden Töchter führen den Betrieb weiter. |
1950 |
Am 8. November stirbt Oswald Gottlieb Coradi. |
1958 |
Das Unternehmen wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und von der Firma Amsler in Schaffhausen übernommen. Neuer Standort der Coradi AG wird die Seebacherstrasse 53-55 in Zürich |
1968 |
Die Coradi AG wird an eine amrikanische Industriegruppe verkauft. Sie bezieht neue Räumlichkeiten an der Rümlangstrasse 91a. |
1978 |
Otto Elsinger, Direktor der Coradi AG, übernimmt die Coradi AG und führt diese unter dem Namen Elsinger-Feinmechanik weiter. Das Unternehmen kehrt an den früheren Standort an der Seebacherstrasse 53 zurück. |
1983 |
Tod von Otto Elsinger. |
1984 |
Die Elsinger-Feinmechanik wird von der Digiplan AG übernommen. Hergestellt werden elektronische Präzisionsplanimeter und digitale Koordinatenmessgeräte |
1993 |
Konkurs der Digiplan AG. |