Haag-Streit AG
Hermann, Studer und Pfister
Die beiden befreundeten Mechaniker Friedrich Hermann (1835-1906) und Hermann Studer (1835-1863) gründeten im Jahre 1858 an der Postgasse in Bern eine feinmechanische Werkstätte. Der junge Berner Universitätsprofessor Heinrich Wild (1833-1902) hatte die beiden Mechaniker davon überzeugt, mit ihm von Zürich nach Bern zu ziehen. Das junge Unternehmen entwickelte sich gut, nicht zuletzt dank einer Vielzahl von Aufträgen durch Heinrich Wild. Bereits 1863 - fünf Jahre nach der Firmengründung - verstarb Hermann Studer an Typhus. Neuer Teilhaber und Partner von Friedrich Hermann wurde Johann Heinrich Pfister (1841-1919), der erster Lehrling von Jakob Amsler in Schaffhausen war. 1865 bezog das Unternehmen neue Räumlichkeiten im Mattenquartier von Bern.
Das Sortiment von Hermann und Pfister umfasste in dieser Zeit verschiedenste wissenschaftliche Geräte wie meteorologische Instrumente, Vermessungsinstrumente, Waagen, Koordinatographen und Saccharimeter.
Aus gesundheitlichen Gründen zog sich Friedrich Hermann 1881 aus dem Geschäft zurück, unterstützte aber seinen Partner immer noch beratend. Pfister blieb als Mieter weiterhin in den Werkstatträumen an der Matte. In den 1880er Jahren traf den Kanton Bern eine schwere Wirtschaftskrise. Hermann baute das Werkstattgebäude im Mattenquartier zu einem Wohnhaus um und Pfister bezog neue Räumlichkeiten in der Nähe des Bundeshauses. Das Unternehmen, das damals fünf Mechaniker und drei Lehrlinge beschäftigte, überstand diese Krise relativ unbeschaded, dies auch dank regelmässiger Bestellungen von Heinrich Wild, der seit 1868 als Professor in St. Petersburg tätig war, wo er das Zentralphysikalische Institut leitete.
Pfister & Streit
Um 1885 nahm Johann Pfister eine Erweiterung der Produktepalette vor, welche für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens von zentraler Bedeutung sein soll. Auf Anraten seines Schwagers Ernst Pflüger, der Direktor der Augenklinik in Bern war, begann Pfister mit der Herstellung ophthalmologischer Geräte.
1889 wurde Alfred Streit (1869-1924) neuer Teilhaber von Pfister. Die mechanische Werkstatt führte fortan den Namen "Pfister & Streit". Streit hatte schon früher als Feinmechaniker bei Pfister gearbeitet. Im Jahre 1894 bezog das Unternehmen ein neu erstelltes Gebäude am Rande des Stadtzentrums.
1912 zog sich Pfister aus dem Unternehmen zurück. Dieses führte Alfred Streit ab jetzt unter eigenem Namen. Trotz des grossen Fabrikationsprogramms und internationaler Bekanntheit beschäftigte das Unternehmen bis zum ersten Weltkrieg nie mehr als etwa 20 Personen. Während des ersten Weltkrieges waren es vor allem Aufträge für die Schweizer Armee wie Geschützquadranten oder Seitenrichtskalen für die Artillerie, welche für den Umsatz sorgten. Nach dem Krieg nahm der Druck der ausländischen Konkurrenz zu, zumal der Patentschutz für ein Ophthalmometer, das bisher für einen wichtigen Anteil zum Gesamtumsatz beigetragen hatte, abgelaufen war. Damit war Streit gezwungen, sein Fabrikationsprogramm zu erneuern. Ab 1923 wurden so erstmals auch Polarkoordinatographen hergestellt.
Haag-Streit
1924 verstarb Alfred Streit. Zuvor hatte er seinen Schwiegersohn Wilhelm Haag (1885-1967) auf die Führung der Firma vorbereitet. Haag hatte schon 1902-1906 eine Feinmechanikerlehre bei Pfister & Streit absolviert. Nun übernahm er das Unternehmen von den Erben Streits und führte es fortan unter dem Namen Haag-Streit, Nachfolger von A. Streit. Unter Streit wurde das Schwergewicht vermehrt auf ophthalmologische Geräte und Koordinatographen gelegt, während die meteorologischen Instrumente an Bedeutung verloren.
Während des zweiten Weltkrieges war es wiederum die Schweizer Armee, welche die stark zurückgehenden Verkäufe ins Ausland mit Aufträgen teilweise kompensierte. 1940 wurde ein schon lange geplanter Neubau in Liebefeld bei Bern in Betrieb genommen, der in den kommenden Jahren mehrmals Vergrössert werden musste. Ophthalmologische Instrumente wie auch Koordinatographen bildeten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Schwerpunkte des Fabrikationsprogramms. 1989 wird der neue Firmenhauptsitz in Köniz bezogen. Das wachsende Unternehmen wird zu einer Holding mit verschiedenen Firmen im In- und Ausland. Seit 2018 gehört Haag-Streit zur Metall Zug Gruppe, wo es den Bereich Medical Devices bildet.
Jahrestafel
1858 |
Friedrich Hermann (1835-1906) und Hermann Studer (1835-1863) gründen in Bern, unterstützt durch Professor Wild, eine feinmechanische Werkstätte. |
1863 |
Hermann Studer stirbt an Typhus. Johann Heinrich Pfister (1841-1919) wird neuer Teilhaber. Die Werkstätte führt den Namen "Hermann & Pfister" |
1865 |
Das Unternehmen zieht ins Mattenquartier um. |
1868 |
Professor Wild wird Leiter des Zentralphysikalischen Instituts in Sankt Petersburg. |
1881 |
Friedrich Hermann zieht sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Geschäft zurück. |
1885 |
Um 1885 beginnt Johann Pfister mit der Herstellung von ophthalmologischen Geräten. |
1889 |
Alfred Streit (1869-1924) wird neuer Teilhaber von Johann Pfister. Das Unternehmen heisst neu "Pfister & Streit". |
1912 |
Johann Pfister zieht sich aus dem Unternehmen zurück, das nun von Alfred Streit unter eigenem Namen "A. Streit" geführt wird. |
1924 |
Tod von Alfred Streit. Sein Schwiegersohn Wilhelm Haag übernimmt die Führung des Unternehmens, das neu "Haag-Streit" heisst. |
1940 |
Die Firma bezieht ein neues Gebäude in Liebefeld. |
1989 |
Der Firmenhauptsitz wird nach Köniz verlegt. |
2018 |
Die Firma Haag-Streit wird Teil der Metall Zug Gruppe. |
Referenzen
[1] |
Haag-Streit AG Haag-Streit AG 1858-1958. Werkstätten für Präzisionsmechanik. Liebefeld-Bern (1858). |
[2] |
Haag-Streit AG 1858-2008. 150 Jahre Haag-Streit. Köniz (2008). |